Net-Zero-Targets und Net Zero Emissionen
Das Konzept von Net-Zero-Targets ist bestechend einfach: Genau so viel CO₂ aus der Atmosphäre entfernen, wie in sie emittiert wird. Dank zuverlässiger Standards können Unternehmen sich für Netto-Null-Emissionen konkrete und messbare Ziele setzen und schrittweise erreichen.
Um den fortschreitenden Klimawandel zu stoppen, müssen wir unsere globalen CO₂Emissionen auf Netto-Null reduzieren. Dieses ehrgeizige Ziel wird als „Netto-Null-Ziel“ bezeichnet und bedeutet, dass bis zur Mitte des Jahrhunderts nur so viel emittiert wird, wie durch Kohlenstoffsenken aufgenommen bzw. durch technische Mittel ausgeglichen werden kann.
Definition: Net-Zero-Targets
- Net-Zero-Targets oder Netto-Null-Ziele beschreiben das Ziel eines Unternehmens, einer Organisation, eines Sektors oder eines Landes, die eigenen Emissionen auf diese Net Zero abzusenken, wobei Reduktion und Neutralisation helfen sollen.
- Emissionen meint bei Net Zero alle Emissionen nach Greenhouse Gas Protocol (GHG) Scope 1 und 2, aber auch alle Emissionen nach Scope 3, also dem Ausstoß der vor- und nachgelagerten Wertschöpfungskette.
- Reduktion will durch eine Analyse der Emissionsquellen Wege finden, Treibhausgasemissionen zu vermeiden oder ihr Ausmaß zu verringern. Eine gute Reduktion strebt ein möglichst kleines Restniveau an, das neutralisiert werden kann. Reduktion sollte stets der erste Weg sein, der zur Erreichung von Net-Zero-Targets verwendet wird.
- Neutralisierung bedeutet, bereits freigesetzte Emissionen von Treibhausgasen wieder permanent zu entfernen (Carbon Removal). Weil das aufwändig ist, ist es für Net-Zero-Targets sinnvoller, vorher alle Möglichkeiten der Reduktion auszuschöpfen. Unvermeidbare und nicht weiter reduzierbare Emissionen können aber neutralisiert werden. Carbon Removals sind zum Beispiel über Treibhausgas-Senken wie Baumpflanzungen möglich, aber auch über technische Lösungen wie Carbon Capture and Storage (CCS), die sich allerdings noch in der Entwicklungsphase befinden, daher teuer (und teils umstritten) sind und selten eingesetzt werden.
- Kompensation bedeutet, die Emissionsvermeidung dafür geeigneter Projekte gegen die eigenen Emissionen anzurechnen. Genutzt werden dabei zum Beispiel zertifizierte Klimaschutzprojekte, die andernorts Emissionen reduzieren. Kompensation kann einen begleitenden Beitrag leisten, reduziert aber nicht den tatsächlichen CO₂-Fußabdruck einer Organisation oder eines Landes und entnimmt der Atmosphäre in den allermeisten Fällen auch kein CO₂. Sie arbeitet also rein rechnerisch.
- Science-based bzw. wissenschaftlich fundiert sind Klimaziele, wenn sie mit den neuesten Erkenntnissen der Klimaforschung konform gehen, die beschreiben, was dafür notwendig ist, die Ziele des Pariser Abkommens zu erreichen.
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Wissenschaftliche Studien wie der IPCC Special Report on 1.5°C Global Warming (SR1.5) beschreiben die Notwendigkeit, bis spätestens 2050 weltweit Netto-Null-Emissionen zu erreichen, um die schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels zu vermeiden. „Netto-Null-Ziele“ fordern daher eine absolute Neutralität der Treibhausgasemissionen im Zeithorizont „bis 2050“. Netto-Null-Ziele erfordern dazu eine umfassende Bilanzierung und Neutralisierung aller Emissionen, nicht nur von Teilbereichen.
Damit Unternehmen sich Net-Zero-Targets verordnen und diese planvoll erreichen können, stehen inzwischen sehr gute Instrumente und Standards zur Verfügung, allen voran die SBTi-Standards.
Net-Zero-Targets nach SBTi-Standards
Die Unternehmensziele müssen von der SBTi validiert werden, damit das Unternehmen diese als „Science-based“ kommunizieren kann. Um den Net Zero Status zu erreichen, muss ein Unternehmen laut SBTi verschiedene Schritte abarbeiten. So kann es sicherstellen, dass seine Geschäftspraktiken und -strategien mit den globalen Bestrebungen zur Begrenzung der Erderwärmung im Einklang stehen.
- Berechnung der Emissionen: Unternehmen müssen ihre Treibhausgasemissionen über alle drei Scopes hinweg gemäß GHG Protocol erfassen und berechnen. Dies umfasst sowohl die direkten als auch die indirekten und energiebezogenen Emissionen (Scopes 1 und 2) sowie auch die oft umfangreichen und komplexen Scope 3-Emissionen entlang der Wertschöpfungskette.
- Kurzfristiges Reduktionsziel: Die Unternehmen müssen sich ein kurzfristiges Ziel setzen, was im SBTi-Standard zwischen 5 und 10 Jahren bedeutet. Dieses kurzfristige Ziel dient als erster wesentlicher Schritt auf dem Weg zur Netto-Null-Emission. Es muss Ziele für Scope 1 und 2 geben, aber auch ein separates Ziel für Scope 3.
- 90%: Um den Netto-Null-Status zu erreichen, verlangen die SBTi-Standards, dass Unternehmen ihre absoluten Treibhausgasemissionen bis spätestens 2050 über alle drei Scopes hinweg um mindestens 90% reduzieren. Alternativ können Unternehmen auch Intensitätsziele setzten (z. B. Tonne CO₂ pro Tonne produziertes Produkt), wobei hier sogar 97% Reduktion der Intensität verlangt werden.
- Verbleibende unvermeidbare Emissionen: Trotz intensiver Reduktionsbemühungen werden Unternehmen wahrscheinlich feststellen, dass ein gewisser Teil ihrer Emissionen (die SBTi definiert hier maximal 10%) derzeit technisch als „unvermeidbar“ erscheint.
- Neutralisierung residualer Emissionen: Für die unvermeidbaren Emissionen, die nach der Umsetzung aller Reduktionsmaßnahmen verbleiben, müssen Unternehmen auf Methoden des Carbon Removals zurückgreifen. Dies kann beispielsweise durch Investitionen in natürliche CO₂-Senken wie Aufforstungsprojekte oder durch technologische Lösungen zur direkten Abscheidung von CO₂ aus der Luft erfolgen. („Kompensation“ ist bei SBTi Net Zero für diese letzten 10% nicht vorgesehen.)
Fünf Schritte zu den Net-Zero-Targets nach SBTi-Definition
Die fünf Schritte auf dem Weg wissenschaftlich fundierten Klimazielen nach SBTi-Standards sind:
1. Auf Net Zero verpflichten
2. Klimaziele entwickeln
- Das Unternehmen analysiert zunächst seine Emissionsquellen und bilanziert den eigenen Footprint inklusive der Hotspots, um Reduktionspotentiale zu identifizieren.
- Danach legt es fest, was genau Teil der Net-Zero-Targets wird, um die notwendige Abdeckung von 95% Scope-1- und -2-Emissionen sowie 90% Scope-3-Emissionen zu erzielen.
- Auch muss definiert werden, welchen der Zielansätze man dafür verwenden möchte: Absolutziel oder Intensitätsziel. Während Absolutziele für etablierte Unternehmen eine einfache Möglichkeit darstellen, Emissionen zu reduzieren, bieten Intensitätsziele Flexibilität für Unternehmen, deren Geschäftstätigkeit sich innerhalb des Zeitrahmens stark verändern kann, z. B. durch Expansion.
- Das Unternehmen legt nicht nur konkrete und messbare Reduktionsziele fest, sondern entwickelt außerdem Strategien, wie diese zu erreichen sind.
Absolutes Ziel: Das absolute Ziel bezieht sich auf die vollständige Reduktion der Treibhausgasemissionen in absoluten Zahlen, ohne diese in Relation zu einer anderen Größe, wie z. B. der Wirtschaftsleistung, zu setzen. Mit einem Absolutziel verpflichtet sich ein Unternehmen, seine gesamten direkten und indirekten Emissionen (Scope 1, 2 und 3) bis zu einem festgelegten Zeitpunkt um einen bestimmten Wert zu reduzieren.
Intensitätsziel: Im Gegensatz dazu bezieht sich ein Intensitätsziel auf die Reduktion der Emissionen bezogen auf eine wirtschaftliche Leistungseinheit, wie z. B. Umsatz, produzierte Einheit oder einen anderen relevanten Indikator. Ein Intensitätsziel kann für junge Unternehmen die bessere Wahl sein, da ein starkes Wachstum die Einhaltung absoluter Ziele erschweren würde.
3. Ziele einreichen
Die Einreichung und eine Validierung bescheinigen nicht, ob eine Strategie „richtig“ ist. Die Validierung ist vor allem eine Bestätigung, dass die Zielsetzung in Sachen Umfang, Zeithorizont und Reduktionslevel ebenso ambitioniert wie realistisch ist.
4. Ziele kommunizieren
5. Fortschritte offenlegen
Unternehmen müssen Ziele nicht zwangsläufig durch die SBTi validieren lassen – sie sollten aber den Kriterien folgen. Nun dann ist das ganze glaubwürdig, wissenschaftlich fundiert und mit anderen Unternehmen vergleichbar. Es hilft auch bei der CSRD-Berichtspflicht, denn die durch Net-Zero-Targets erarbeiteten Pläne, Maßnahmen und Änderungen können natürlich ins nichtfinanzielle Reporting einfließen.
Ist Net-Zero-Target „klimaneutral“?
- Klimaneutral bedeutet mangels eines Standards meist nur, dass Emissionen gemessen und kompensiert wurden. Welche Emissionen in die Berechnung einfließen, ist nicht festgelegt. Das schließt nicht aus, dass im Einzelfall auch Anstrengungen zur Reduktion unternommen wurden. Aber die Frage ist eben, ob diese wissenschaftlich fundiert sind und am Ende tatsächlich auf die Klimaziele im Unternehmen einzahlen.
- Net Zero bedeutet, dass Emissionen so weit wie möglich und nach klaren Richtlinien reduziert werden und dass verbleibende Emissionen neutralisiert (nicht kompensiert) werden. Die Neutralisation ist für Net-Zero-Targets unabdinglich, weil sie (anders als in der Regel die Kompensation) tatsächlich Emissionen aus der Atmosphäre permanent entfernt. Anders als „Klimaneutral“ ist „Net Zero“ außerdem ein Standard, arbeitet wissenschaftsbasiert und in Übereinstimmung mit dem Pariser Klimaabkommen.
Fazit: Net-Zero-Targets
Die Umsetzung von Netto-Null-Zielen ist nicht nur eine ökologische Notwendigkeit, sondern bietet auch die Chance, Innovationspotenziale zu erschließen, die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken und das Unternehmensimage positiv zu prägen. Mit dem Instrument der „Net Zero“-Ziele der SBTi haben Unternehmen die Möglichkeit, dies glaubwürdig, wissenschaftlich fundiert und in einem geordneten zeitlichen Rahmen zu tun.