Die große Bedeutung der Dekarbonisierung

10.07.2024
Dekarbonisierung

Für eine zukunftsfähige Wirtschaft ist ihre Dekarbonisierung von großer Bedeutung. Was dabei genau passiert und warum das für Unternehmen immer wichtiger wird, erklärt dieser Beitrag.

Was der deutsche Kohle-Ausstieg im Kleinen ist, das ist die Dekarbonisierung im Großen: Es geht um einen umfassenden Verzicht auf Kohlenstoff-basierte Energieträger und darum, eine Welt mit einer postfossilen, kohlenstoffarmen Wirtschaft zu schaffen.

Definition: Dekarbonisierung – was ist das?

Der Begriff kommt an sich von „Kohlenstoff“ (Karbon), gemeint ist aber vor allem Kohlendioxid (Kohlenstoffdioxid) und andere fossile Energieträger, durch die Treibhausgasemissionen anfallen.

  • Dekarbonisierung bedeutet, die CO-Emissionen schrittweise zu reduzieren mit dem langfristigen Ziel, wenig bis keine mehr zu erzeugen und durch eine postfossile Wirtschaft die menschengemachte globale Erwärmung zu verlangsamen. 
  • Das soll sektorübergreifend geschehen, also nicht einfach nur zum Beispiel die Energiewirtschaft betreffen, auch wenn diese eine wichtige Rolle spielt, sondern auch andere Sektoren.

Die Bedeutung der Dekarbonisierung

Warum ist Dekarbonisierung wichtig? Weil es vor allem die Verbrennung fossiler kohlenstoffbasierter Energieträger ist, durch die wir Treibhausgase wie CO₂ freisetzen. Diese verstärken den Treibhauseffekt der Erdatmosphäre und tragen erheblich zur Erwärmung des Klimas bei.

Der damit einhergehende Temperaturanstieg wird eine wachsende Zahl irreversibler Klimaveränderungen zur Folge haben. Die gab es erdgeschichtlich immer wieder, aber durch die menschengemachten Treibhausgase hat die Veränderung eine Geschwindigkeit erreicht, an die sich die Ökosysteme kaum noch anpassen können. Dem Menschen als Nutznießer dieser Ökosysteme entzieht das am Ende die Lebensgrundlagen.

Dazu muss es aber nicht kommen: Die Dekarbonisierung kann wesentlich dazu beitragen, das Klima zu schützen. Und das ist internationaler Konsens: Im Pariser Klimaabkommen von 2015 verpflichtete sich die Weltgemeinschaft, die die in COe gemessenen Emissionen bis 2050 erheblich zu reduzieren und die EU will im Rahmen des „Green Deal“ bis 2050 sogar klimaneutral werden.

Der Weg zu diesem Ziel führt nur über die Entwicklung einer postfossilen Wirtschaft als Alternative, in der die Dekarbonisierung von Unternehmen von großer Bedeutung ist.

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Die Rolle der Wirtschaft bei der Dekarbonisierung

Die Bereiche Energie, Industrie, Gebäude und Verkehr bieten die vielversprechendsten Ansatzpunkte für eine Dekarbonisierung.

Dekarbonisierung des Energiesektors

Der Energiesektor ist naturgemäß der größte Verursacher von Treibhausgasemissionen, da er noch immer stark fossile Brennstoffe wie Kohle, Erdgas und Öl verwendet.

Beispiele für Initiativen zur THG-Reduktion im Energiesektor:

  • Umstellung auf erneuerbare Energien, Ersatz durch Wind-, Solar-, Wasser- und Geothermieanlagen, um die CO₂-Emissionen zu reduzieren.
  • Durch Sektorenkopplung auch Bereiche wie Wärme/Kühlung und Verkehr elektrifizieren, und dort den Einsatz von fossilen Brennstoffen ebenfalls zu reduzieren.
  • Stromspeicher und intelligente Stromnetze schaffen, um die Verfügbarkeit erneuerbarer Energien zu erhöhen und zum Beispiel Energie näher am Verbrauchsort zu erzeugen und zu speichern.

Dekarbonisierung der Industrie

Die Industrie ist je nach Schätzung für etwa ein Fünftel der Treibhausgasemissionen verantwortlich, insbesondere durch energieintensive Prozesse in der Stahl-, Chemie-, Zement- und Glasproduktion.

Beispiele für Maßnahmen zur Dekarbonisierung der Industrie:

  • Fossile Energieträger ersetzen durch erneuerbare Energiequellen wie Wind, Solar und Biomasse. Strombezug auf Ökostrom umstellen. Stahl- und Chemieindustrie auf grünen Wasserstoff umstellen.
  • Energieeffizienz steigern und mit energieeffizienten Technologien modernisieren. Prozesse optimieren, um den Energieverbrauch zu senken.
  • Kohlenstoffabscheidung und -speicherung (CCS) nutzen, um CO₂-Emissionen aus industriellen Prozessen abzufangen und sicher zu speichern. Dies ist wichtig für Prozesse, bei denen echte Dekarbonisierung schwerfällt.

Dekarbonisierung des Verkehrs

Der Verkehrssektor ist einer der größten Verursacher von Treibhausgasemissionen, weil er noch immer stark auf fossile Brennstoffe angewiesen ist. Dies trägt erheblich zur globalen Erwärmung bei.

Beispiele für Ansätze zur Dekarbonisierung des Verkehrs:

  • Elektromobilität fördern und Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren durch Elektrofahrzeuge ersetzen, die mit erneuerbarer Energie betrieben werden.
  • Öffentlichen Verkehr ausbauen, Attraktivität öffentlicher Verkehrsmittel erhöhen, Busse und Bahnen elektrifizieren und in ein multimodales MaaS-System (Mobility as a Service) integrieren.
  • Alternative, kohlenstoffarme bis kohlenstofffreie Kraftstoffe nutzen. Wasserstoff und synthetische Kraftstoffe eignen sich für Schwerlastfahrzeuge, Schiffe und Flugzeuge, die schwer zu elektrifizieren sind.

Dekarbonisierung beim Gebäudebau

Der Gebäudesektor ist für einen erheblichen Anteil der CO₂-Emissionen verantwortlich. Vor allem alte Gebäude haben oft eine schlechte Klimabilanz. Emissionen entstehen vor allem durch den Energieverbrauch für Heizung (und Kühlung), aber auch durch die Beleuchtung und durch Bau, Renovierung und Abriss.

Beispiele für Praktiken zur Reduktion von CO2-Emissionen im Gebäudesektor:

  • Energetische Sanierung und Wärmedämmung von Gebäuden, um den Energieverbrauch für Heizung und Kühlung zu senken.
  • Wärmewende durch Einführung erneuerbarer Energien bei Heiz- und Kühlungssystemen, etwa durch PV-Anlagen und Wärmepumpen.
  • Nachhaltige Baumaterialien mit geringem Kohlenstoff-Fußabdruck, Recycling und Wiederverwendung von Baumaterialien, um die eingebetteten Emissionen zu reduzieren.

Dekarbonisierung von Unternehmen

Für einzelne Unternehmen hat die Dekarbonisierung gleich mehrfach Bedeutung. Zum einen ist es ein nicht unerheblicher Aufwand, die Emittenten ausfindig zu machen und die so identifizierten Emissionen zu reduzieren. Unternehmen sollten deswegen frühzeitig damit beginnen. Zum anderen richten gesetzliche Berichtspflichten, wie die CSRD, den Fokus auf das Thema, wodurch Unternehmen gezwungen werden Ziele, bisherige Leistung und geplante Maßnahmen detailliert zu berichten. Doch Unternehmen können davon auch profitieren. Sie haben durch Effizienzsteigerung finanzielle Vorteile und machen sich unabhängiger von externen Lieferanten fossiler Energien.

Schritte zur Dekarbonisierung von Unternehmen

Beispiele für grundlegende Schritte bei der Dekarbonisierung von Unternehmen:

  1. Daten erfassen: Beginnen Sie damit, detaillierte Daten zu allen Aspekten Ihrer Aktivitäten zu sammeln, die zu klimarelevanten Emissionen beitragen. Dieser grundlegende Schritt ist entscheidend für fundierte Entscheidungsfindung. Wenn Ihr Unternehmen berichtspflichtig nach CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive) ist, müssen Sie das ohnehin tun und haben dann die Möglichkeiten, mit gültigen Standards wie der ESRS E1 zu arbeiten. Wir helfen Ihnen gerne bei der Berichtserstellung nach CSRD.
  2. Emissionsbilanzierung: Bewerten Sie Ihre Emissionen gründlich in den Scopes 1, 2 und 3. Beachten Sie insbesondere den Scope 3, weil dieser oft das größte Potenzial für Reduzierungen birgt. Wir helfen Ihnen gerne bei der Emissionsbilanzierung.
  3. Klimastrategie: Legen Sie fest, wie und mit welchen Mitteln sie die klimarelevanten Emissionen Ihres Unternehmens reduzieren und es auf diese Weise dekarbonisieren wollen. Wir helfen Ihnen gerne bei der Entwicklung von Emissionsreduktionszielen und einer Klimastrategie – fragen Sie uns.
  4. Zielsetzung: Verpflichten Sie sich zu klaren, idealerweise wissenschaftlich fundierten Zielen (SBTs) zur Dekarbonisierung Ihres Unternehmens. Diese Ziele sollten ehrgeizig, aber erreichbar sein und sich an den für Ihr Unternehmen gültigen Standards ausrichten.
  5. Implementierung von Maßnahmen: Entwickeln Sie eine Roadmap mit konkreten Maßnahmen zur Emissionsreduktion. Dazu gehören die Umstellung auf erneuerbare Energien, die Verbesserung der Energieeffizienz, etwa durch Optimierung von Prozessen und Abläufen in der Produktion, die Reduzierung der Emissionen aus den eingekauften Produkten und Services, beispielsweise durch Einkauf von rezyklierten Materialien, und die Einführung emissionsarmer Technologien, zum Beispiel durch Umstellung von einer Gas-Heizung auf eine Wärmepumpe.
  6. Überwachung und Berichterstattung: Regelmäßige Überprüfungen und Berichte helfen dabei, den Erfolg der Strategie zu bewerten, den Fokus auf die wichtigsten Handlungsfelder zu legen und bei Bedarf Anpassungen vorzunehmen. So können Sie auch optimal über Ihren Klimaschutz kommunizieren.

Dekarbonisieren oder Kompensieren?

Die kurze Antwort: Dekarbonisieren.

Das klassische Dreigespann für Emissionen lautet: Vermeiden, was sich vermeiden lässt; reduzieren, was sich nicht ganz vermeiden lässt. Und ganz am Ende kompensieren, was noch übrig ist.

Obwohl Kompensation wichtig ist und einen positiven Beitrag für das Klima, aber auch im Bereich der Entwicklungsarbeit leisten kann, sollten Unternehmen ihre finanziellen Ressourcen zuallererst in Maßnahmen zur Vermeidung und Reduktion von Emissionen stecken.

Einen Sonderfall stellt Net Zero im Sinne der SBTi dar. Danach müssen nicht-vermeidbare Emissionen, die nach Ausschöpfen aller Reduktionspotenziale verbleiben, mithilfe von geeigneten Klimaschutzprojekten neutralisiert werden.

Lesen Sie dazu auch den Beitrag Net-Zero-Targets und Net Zero Emissionen.

Dekarbonisierung in den Kontext der Nachhaltigkeitsstrategie stellen

Unternehmen können einen wirksamen Beitrag zum Klimaschutz leisten, indem sie eine Strategie zur Dekarbonisierung ihrer geschäftlichen Aktivitäten entwickeln. Allerdings sollte eine solche Klimastrategie nicht isoliert betrachtet werden, sondern ein integraler Bestandteil einer umfassenden Nachhaltigkeitsstrategie sein, die auch ökonomische, soziale und ökologische Aspekte berücksichtigt.

Die Einbettung der Klimastrategie in die Nachhaltigkeitsstrategie fördert die Kohärenz und Effizienz der Maßnahmen, was zu besseren Ergebnissen bei der Reduzierung von Treibhausgasemissionen führt. Ein ganzheitlicher Ansatz zur Klimastrategie enthält idealerweise dennoch klare Ziele zur Emissionsreduktion, eine gründliche Analyse der Ausgangssituation, einen detaillierten Handlungsplan und kontinuierliches Monitoring, um den Fortschritt zu verfolgen und Anpassungen vorzunehmen.

Details dazu finden Sie im Beitrag Klimastrategie im Kontext der Nachhaltigkeitsstrategie: Integration, Ziele und Kommunikation

Noch Fragen zur Dekarbonisierung, zur Emissionsreduktion und zu Klimastrategien für Ihr Unternehmen? Wenden Sie sich gerne an SAIM.

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